Eine erste Zusammenfassung der Geschehnisse rund um den 30. Todestag von Rudolf Heß und den Protest zur Forderung der Aktenfreigabe in Spandau.
Vorneweg. Auch wenn nicht alles nach Plan gelaufen ist, war der gestrige Tag ein Erfolg. Ein Erfolg für alle Menschen, denen das Schicksal von Rudolf Heß ein Antrieb ist. Das Aufsehen, was mit Anmeldung, Vorbereitung, Durchsetzung und Durchführung erzeugt werden konnte, war enorm. 30 Jahre nach dem mysteriösen Ende von Rudolf Heß war der Name wieder Thema in den Medien.
Als wären sie von einem geradezu hündischen gehorsam getrieben, wurde dabei von den sogenannten Qualitätsmedien dieser Republik die bis heute unbewiesene Behauptung, dass es sich beim Tod von Rudolf Heß um einen Selbstmord und nicht um einen Mord gehandelt hätte, stets ungefragt betont. Das Motto der Demonstration, also die Forderung nach einer rechtsstaatlichen Aufklärung des Falles, hat genug Unruhe ausgelöst, um die Verteidigungsreflexe der Kettenhunde des Systems zu wecken.
Insgesamt haben sich gestern weit über 1000 Menschen auf den Weg nach Spandau gemacht und damit alle Erwartungen weit übertroffen. Über 1000 Kameraden und Kameradinnen haben in Spandau der Forderung nach der Freigabe der Akten Ausdruck verleihen können, während zeitgleich etwa 300 weitere Aktivisten aufgrund von in Brand gesteckten Gleisanlagen in dem Berliner Vorort Falkensee festsaßen und dort unter dem gleichen Motto demonstrierten.
Dass ein Marsch in Spandau kein Wochenendausflug werden würde, war jedem klar. Berlin ist nun einmal kein ruhiges Pflaster. Öffentliche Werbung für die Gegenproteste in nahezu jedem Zeitungsartikel im Vorfeld prägten das zu erwartende Bild. Insgesamt waren die Gegenproteste dann für Berliner Verhältnisse trotzdem überschaubar. Dass der Marsch in Spandau am Ende nicht die genehmigte Route laufen konnte, lag mehr an der Polizei als an den Gegenprotesten. Hätte die Berliner Polizei ihren gesetzmäßigen Auftrag, eine angemeldete und genehmigte Demonstration zu ermöglichen, konsequent umgesetzt, wäre die Strecke problemlos passierbar gewesen.
Dass das nicht so war, lag wie so oft an der politischen Elite dieser Republik, auch wenn man es sonst selten so vor Augen geführt bekommt wie in diesem Fall. Der Innensenator Geisel (SPD), also der oberste Dienstherr der Berliner Polizei, gab auf die Frage wieso unsere Demonstration in Spandau genehmigt worden sei zur Antwort, dass „die freiheitlich-demokratische Grundordnung leider auch für Arschlöcher“ gelte.
Die Nachricht, die er damit seinen Untergebenen mit auf den Weg gegeben hat, ist eindeutig und prägte auch klar die Haltung der Einsatzleitung. Trotzdem ist es nicht gelungen das Bild des Tages damit ernsthaft zu trüben.
Das Bild der Veranstaltung war gut. Über tausend Aktivisten, die sich zusammengefunden hatten und als Marschzug ein ordentliches Bild vermitteln konnten, redet man auch im Nachhinein nicht einfach schlecht. Hinter dem Frontbanner mit den mahnenden Worten „Ich bereue nichts!“ sammelten sich umsäumt von schwarz-weiss-roten Fahnen Menschen, die von einem anderen Deutschland, einem anderen Europa träumen und sich verbunden fühlen in ihrem Kampf um die Wahrheit. Das ist die Nachricht des Tages und das konnte auch kein pöbelnder Innensenator ändern!
Nachdem der Demonstrationszug einen Teil der geplanten Strecke gelaufen und über eine Wegänderung bis zu dem Punkt gekommen war an dem die Abschlusskundgebung stattfand, wurde dies auch noch einmal von den verschiedenen Rednern unterstrichen.
Neben dem Berliner Aktivisten Sebastian Schmidtke, sprach mit dem Historiker Olaf Rose einer der besten Kenner der Materie. Rose hatte mit seiner Arbeit im Zusammenhang mit dem Thema Rudolf Heß vor einigen Jahren enorm Aufsehen erregt und konnte in seiner Rede noch einmal die vorliegenden Fakten zusammenfassen. Abgerundet wurde das Thema von Peter Rushton, der wenige Tage vor dem Marsch in Spandau, die neuesten freigegeben Aktenteile im Fall Heß durchgesehen hatte. Seine in englischer Sprache gehaltene Rede wurde dabei parallel ins Deutsche übersetzt.
Den europäischen Charakter unserer Veranstaltung unterstrichen danach noch Grußworte aus Frankreich und Skandinavien. Insgesamt waren neben den Teilnehmern aus allen Teilen Deutschlands auf jeden Fall auch Niederländer, Finnen, Franzosen, Schweden, Österreicher, Ungarn und Schweizer vor Ort. Ein deutlicher Beweis dafür, dass auch in anderen Befreiungsbewegungen Europas das Interesse am Schicksal von Rudolf Heß lebendig ist.
Während der eigentliche Marsch in Spandau die Abschlusskundgebung durchführte, zogen bereits zum zweiten Mal knapp 300 Aktivisten durch Falkensee. Der recht bürgerlich geprägte Ort im Berliner Speckgürtel wurde dabei von Parolen wie „Rudolf Heß – Das war Mord! Wir tragen die Wahrheit an jeden Ort!“ aus seiner Ruhe gerissen. Da es keinerlei Gegenproteste gab, bekamen die Einwohner Falkensees die Möglichkeit einen unverstellten Blick auf den Protest zu riskieren. Optisch sauber und inhaltlich klar, konnte so auch in Falkensee das Motto des Tages in die Öffentlichkeit getragen werden.
Am Ende des Wochenendes bleibt ein positives Fazit. Es ist uns gelungen das Thema Rudolf Heß in diesem Jahr wieder in die öffentliche Wahrnehmung zu bringen. Viel Arbeit liegt hinter uns und wenn man das Echo der Veranstaltung anschaut, auch noch vor uns. Wir werden die Ergebnisse unserer Arbeit in den nächsten Tagen auswerten und daraus die Entscheidung ableiten wie wir dabei die Arbeit mit dem Thema fortsetzen.
Als Grundgefühl bleibt, dass Spandau vielen Aktivisten ein Gefühl geben konnte, das lange gefehlt hat in unseren Reihen. Wenn die Forderung nach der Freigabe der Akten im Fall Heß und damit zusammenhängend ein Marsch in Spandau auch in den kommenden Jahren Gestalt annehmen soll, dann funktioniert das nur, wenn das Thema von der Basis angenommen und langfristig mitgetragen wird.
Es liegt also an jedem Aktivisten wie in Zukunft mit Thema gearbeitet werden kann. Wir arbeiten weiter!